Für den Inhalt dieser Seite ist eine neuere Version von Adobe Flash Player erforderlich.

Adobe Flash Player herunterladen

Steuerberater Gißewski
Home
Unsere Mitarbeiter
Leistungsspektrum
Besondere Leistungen
News
Impressum
Datenschutzerklärung
Galerie
Anfahrt
Links

Brief für Steuerpflichtige im Privatbereich des Monats Juli 2010


Sehr geehrte Damen und Herren,

der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


1.

Zum Kapitalertragsteuereinbehalt bei sog. Tafelpapieren

2.

Disquotale Gesellschaftereinlage

3.

Gew. Grundstückshandel: Zwischenschaltung einer GmbH

4.

Streit um Höhe des Arbeitslohns: Beweiserleichterungen

5.

StB kann ggü. Mandanten nach vorsätzlicher Steuerhinterziehung haften

6.

Nur Reisekosten des Anwalts in Economy Class erstattungsfähig

7.

Verkauf einer Internet-Domain keine Sonstigen Einkünfte

8.

Unterhaltsaufwendungen für behindertes Kind

9.

Übernahme von Kurkosten durch Arbeitgeber ist Arbeitslohn

10.

Kindergeldanspruch während Ausbildung der Tochter zur Flugbegleiterin

11.

Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte ist verfassungsgemäß

12.

Bayern fordert Strafzins für Steuer-Selbstanzeige

13.

BFH lehnt Abzug latenter Einkommensteuerlast bei ErbSt ab

14.

"Googelnde" Arbeitgeber riskieren Schadensersatzforderungen

15.

StraBEG: Sperrwirkung wegen Erscheinens eines Amtsträgers

16.

Revisionsbegründung: Verweis auf and. anhängiges Revisionsverfahren

17.

SolZ auf Abgeltungsteuer und die Frage seiner Verfassungsmäßigkeit

18.

Nachrangige Zulagenberechtigung bei modernisierten Mietwohngebäude

19.

Arbeitnehmer dürfen mit Kollegen über Gehalt reden



1. Zum Kapitalertragsteuereinbehalt bei sog. Tafelpapieren

Kernaussage
Es ist nicht missbräuchlich, wenn ein inländisches Kreditinstitut seine Kunden veranlasst, Zinsscheine von Inhaberschuldverschreibungen (Tafelpapiere) über eine ausländische Bank einzulösen. Der BFH befasste sich hierzu mit der Frage, ob die Steuerabzugspflicht der inländischen Bank eintritt, wenn der Gegenwert der Zinsscheine zwar ausländischen Kreditinstituten gutgeschrieben wird, diese aber als bloße "Auszahlstellen" der inländischen Bank auftreten.

Sachverhalt
Die Kunden der klagenden Sparkasse besaßen Tafelpapiere, die inländische Banken, sowie auch die Klägerin selbst, ausgegeben hatten. Bei der Auszahlung von Zinsen auf diese Papiere war von der auszahlenden Stelle eine anrechenbare Kapitalertragsteuer (Zinsabschlag) einzubehalten. Mitarbeiter der Klägerin hatten Kunden bei Einführung des Zinsabschlags auf die Möglichkeit hingewiesen, durch Einlösung bei ausländischen Banken den gebotenen Zinsabschlag von 35 % zu vermeiden. Die Klägerin und eine ausländische Bank hatten dazu vereinbart, dass diese die ihr vorgelegten Zinsscheine nicht über die Landesbank oder Clearingstellen, sondern unmittelbar über die Klägerin einlöst. Das beklagte Finanzamt sah darin eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung im Sinne des § 42 AO und forderte für die Streitjahre 1999-2002 Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag nach. Das FG gab der Klage statt. Der BFH hob das Urteil auf und verwies die Sache zur Feststellung des konkreten Umfangs der Nachforderungen an das FG zurück.

Entscheidung
Es ist nicht grundsätzlich missbräuchlich, wenn eine inländische Bank ihre Kunden veranlasst, Tafelpapiere über ein ausländisches Kreditinstitut einzulösen. Auszahlende Stelle ist dann die ausländische Bank, die nicht zum Kapitalertragsteuereinbehalt und zur Abführung verpflichtet ist. Wenn aber bei wertender Betrachtung das ausländische Kreditinstitut lediglich als "Zahlstelle" des inländischen aufgetreten ist und der Gegenwert der Zinsscheine der ausländischen Bank nur deshalb gutgeschrieben wurde, ist das inländische Kreditinstitut steuerabzugsverpflichtet. So etwa dann, wenn die Funktion des Auszahlens letztlich fremdgesteuert aufgrund arbeitsteiliger Absprachen erfolgt und die anschließende Wertpapierabrechnung direkt zwischen den beiden Instituten abgewickelt wird.

Konsequenz
Die Steuerabzugspflicht der inländischen Bank tritt dann ein, wenn diese sich verpflichtet hat, die von dem ausländischen Kreditinstitut vorgelegten Zinsscheine nicht über die Landesbank oder eine andere Clearingstelle, sondern direkt über sich selbst einzulösen.


2. Disquotale Gesellschaftereinlage

Kernaussage
Erhöht sich der Wert der GmbH-Beteiligung eines Gesellschafters dadurch, dass ein anderer Gesellschafter Vermögen in die GmbH einbringt, ohne eine dessen Wert entsprechende Gegenleistung zu erhalten, liegt keine freigebige Zuwendung des Einbringenden an den anderen Gesellschafter vor. Das gilt auch, wenn bei einer Kapitalerhöhung einer GmbH die neu entstehende Stammeinlage durch eine Sacheinlage erbracht wird und diese mehr wert ist als die übernommene neue Stammeinlage. Der BFH hatte darüber zu entscheiden, ob die disquotale Einlage eines Gesellschafters als "freigebige Zuwendung" Schenkungssteuerpflicht auslöst.

Sachverhalt
Die Klägerin war - neben ihrem Ehemann und weiteren Personen - mit einem Anteil von 75.000 DM am insgesamt 300.000 DM betragenden Stammkapital einer GmbH beteiligt. 1994 wurde eine Kapitalerhöhung um 100.000 DM beschlossen. Die beiden neuen Stammeinlagen sollten der Ehemann der Klägerin und ein weiterer Gesellschafter übernehmen und durch Einbringung der Geschäftsanteile an einer anderen GmbH, an der bei hälftig beteiligt waren, leisten. Das beklagte Finanzamt meinte, durch die Einbringung der Anteile an der GmbH habe sich der Wert der Beteiligung an der kapitalerhöhenden GmbH um 532 DM je 100 DM des Stammkapitals erhöht. Die daraus resultierende Erhöhung des Wertes der klägerischen Beteiligung an der kapitalerhöhenden GmbH um 399.000 DM beruhe auf einer freigebigen Zuwendung ihres Ehemannes an sie. Der gegen die festgesetzte Schenkungssteuer eingelegte Einspruch, sowie die anschließende Klage blieben erfolglos. Der BFH gab der Klägerin Recht.

Entscheidung
Eine freigebige Zuwendung des Ehemannes an die Klägerin lag nicht vor. Schenkungssteuerpflichtig sind solche Vermögensverschiebungen, durch die der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Relevant ist nicht, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise das Vermögen zuzurechnen ist. Erhöht sich der Wert der GmbH-Beteiligung eines Gesellschafters infolge der Einbringung von Vermögen durch einen anderen Gesellschafter, ohne dass dieser eine Gegenleistung erhält, handelt es sich nicht um eine freigebige Zuwendung. Wegen der rechtlichen Eigenständigkeit des Gesellschaftsvermögens der GmbH fehlt es an einer Vermögensverschiebung zwischen den Gesellschaftern.

Konsequenz
Die Entscheidung des BFH bringt Rechtssicherheit auch für die Errichtung von Familiengesellschaften in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft. Bei disquotalen Einlagen muss nun nicht mehr die Gefahr von Schenkungssteuerfolgen befürchtet werden. Vor Umgehungsgestaltungen, wie etwa Vermögensverschiebungen unter nahen Angehörigen über den Umweg einer Kapitalgesellschaft, muss aber nach wie vor gewarnt werden.


3. Gew. Grundstückshandel: Zwischenschaltung einer GmbH

Einleitung
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung der Verkauf von Grundbesitz gegenüber der Nutzung (z. B. durch Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt. Die vom BFH für die Beurteilung der Gewerblichkeit von Grundstücksverkäufen aufgestellte 3-Objekt-Grenze ist ein gewichtiges Indiz für oder gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht. Werden innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs - i. d. R. 5 Jahre - zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf mindestens 4 Objekte veräußert, kann von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen werden.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GbR, deren Zweck die Errichtung und Verwaltung eines bestimmten Objekts ist. Sie erwarb einen mit einem Verwaltungsgebäude sowie diversen Nebengebäuden bebauten Grundbesitz. Das Verwaltungsgebäude wurde saniert und anschließend vermietet. Die Nebengebäude wurden abgerissen. Auf dem frei gewordenen Grundstücksteil plante die Klägerin zunächst die Errichtung eines Gebäudes, das an Dritte vermietet werden sollte. Die Klägerin bemühte sich erfolglos um die Vermietung der geplanten Büros. Daher entschloss sie sich zu einer Umplanung. Es sollten nunmehr 45 Wohnungen errichtet und veräußert werden. Die entsprechende Baugenehmigung wurde der Klägerin erteilt. Zwischenzeitlich hatten die GbR-Gesellschafter eine GmbH gegründet, die die Baumaßnahme durchführen und die Wohnungen vermarkten sollte. Die GmbH kaufte den Grundstücksteil von der GbR, erstellte die 45 Wohnungen und veräußerte diese an diverse Erwerber. Finanzamt und Finanzgericht waren der Auffassung, dass die Klägerin einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben habe. Es wurde ein Gewinn aus der Grundstücksveräußerung an die GmbH als laufender Gewinn erfasst. Das Finanzgericht begründete seine Entscheidung hinsichtlich der Zwischenschaltung der GmbH mit dem Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs.

Entscheidung
Der BFH entschied, dass die Klägerin nicht gewerblich tätig war, da sie zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbs eine Vermietungsabsicht, aber noch keine unbedingte Veräußerungsabsicht hatte. Außerdem liegt im vorliegenden Fall kein Gestaltungsmissbrauch vor, da die GmbH durch die Bebauung des Grundstücks eine eigene Tätigkeit entfaltet hat und somit nicht funktionslos tätig war und die Gestaltung haftungsrechtliche und außersteuerliche Gründe hatte.


4. Streit um Höhe des Arbeitslohns: Beweiserleichterungen

Kernfrage/Rechtslage
Ein Arbeitsvertrag kann auch mündlich abgeschlossen werden, was in der Praxis - gerade bei Aushilfen - nicht unüblich ist. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall aber einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass die Kernkonditionen, insbesondere die Höhe des Arbeitsentgeltes, schriftlich fixiert bzw. vom Arbeitgeber schriftlich bestätigt werden. Das Landesarbeitsgericht Köln hatte nunmehr darüber zu entscheiden, welche Konsequenzen es bei einer Auseinandersetzung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber hat, wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag fehlt bzw. der Arbeitgeber seiner Pflicht zur schriftlichen Fixierung nicht nachgekommen ist.

Entscheidung
Nach einer Kündigung 2 Monate nach Beginn des Arbeitsverhältnisses stritten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer um ausstehende Lohnzahlungen. Dabei machte der Arbeitnehmer geltend, er sei auf der Basis eines Stundenlohns von 10 EUR netto zu entlohnen, wohingegen der Arbeitgeber behauptete, es sei lediglich ein Stundenlohn von 10 EUR brutto vereinbart gewesen. Der Rechtsstreit wurde im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes geführt und vom Arbeitnehmer gewonnen. Das Gericht ging davon aus - und durfte dies auch -, dass die Parteien einen Stundenlohn von 10 EUR netto vereinbart hatten. Zwar sei die Höhe des Stundenlohnes streitig, zugunsten des Arbeitnehmers wirkten aber Beweiserleichterungen, da es zu dem Streit über die Lohnhöhe nur gekommen sei, weil der Arbeitgeber gegen seine Pflicht verstoßen habe, dem Kläger einen schriftlichen Arbeitsnachweis mit der Angabe des vereinbarten Entgelts zu erteilen. Die mit dem Verstoß verbundenen Nachteile habe der Arbeitgeber zu tragen.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt die Notwendigkeit schriftlicher Arbeitsverträge. Existiert ein solcher nicht, kommen dem Arbeitnehmer erhebliche Beweiserleichterungen zugute, denn die Beweislast liegt alleine beim Arbeitgeber. Im einstweiligen Rechtschutz bedeutet dies, dass ohne Weiteres der Arbeitnehmervortrag als richtig unterstellt werden kann.


5. StB kann ggü. Mandanten nach vorsätzlicher Steuerhinterziehung haften

Kernaussage
Ist nicht zu ermitteln, ob ein Steuerpflichtiger bei einer Steuerhinterziehung vorsätzlich gehandelt hat, kann der Steuerberater, der unrichtigen Angaben bei der Steuererklärung gemacht hat, verpflichtet sein, den durch eine verhängte Geldstrafe entstandenen Vermögensschaden zu ersetzen.

Sachverhalt
Der Kläger ist Inhaber eines in seinem Wohnhaus untergebrachten Einzelunternehmens. Das Gebäude wird zu 40 % betrieblich genutzt; die übrige Nutzung ist privat. Der beklagte Steuerberater fertigte seit 1997 die privaten und gewerblichen Steuererklärungen des Klägers an. Anlässlich einer Betriebsprüfung für die Jahre 2000 bis 2002 wurde festgestellt, dass der Kläger die private Nutzung eines PKW und den privaten Kostenanteil für Heizung und Strom des Gebäudes nicht angegeben hatte. Trotz Nachzahlung der Steuer kam es zu einem Steuerstrafverfahren, das mit dem Erlass eines Strafbefehls endete. Wegen der Geldstrafe einschließlich der Kosten für das Strafbefehlsverfahren und der Zinsen auf die hinterzogenen Steuern verlangte der Kläger vom Beklagten Schadensersatz. Das LG gab der Klage unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils von einem Drittel statt. Berufung und Revision des Beklagten blieben erfolglos.

Entscheidung
Für die Beraterhaftung ist anerkannt, dass ein Anspruch des Mandanten auf Erstattung einer gegen ihn festgesetzten Geldstrafe grundsätzlich in Betracht kommt. Der Schaden des Klägers war auch hier vom Schutzzweck der verletzten Beratungspflicht umfasst. Zwar kann, wenn eine Straftat von mehreren Tätern begangen wurde, ein Täter gegen den anderen keinen Ersatzanspruch geltend machen. Nicht ausgeschlossen ist aber eine Einstandspflicht desjenigen, der vertraglich verpflichtet war, den Täter vor der Begehung einer Straftat zu schützen. Die Pflicht obliegt auch dem Steuerberater gegenüber seinem Mandanten, soweit es um die richtige Darstellung steuerlich bedeutsamer Vorgänge geht. Bedient sich der Steuerpflichtige eines Fachberaters, weil die steuerliche Lage vielschichtig und für Laien undurchsichtig ist, hat der Steuerberater auch die Aufgabe, den Mandanten davor zu bewahren, sich durch Überschreitung des zulässigen Rahmens von Steuervorteilen einer Strafverfolgung auszusetzen. Nur wenn sich der Mandant der Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewusst ist, bedarf es keiner Aufklärung durch den Berater. Dafür gab es hier keine Anhaltspunkte.

Konsequenz
Bleibt offen, ob der Mandant bei der Steuerhinterziehung vorsätzlich gehandelt hat, geht dies zu Lasten des Steuerberaters, weil dieser die Voraussetzungen für die Einschränkung der ihn grundsätzlich treffenden Schutzpflicht beweisen muss. Auch wenn der Mandant über steuerrechtliche Kenntnisse verfügt, darf er darauf vertrauen, dass sein Steuerberater ohne Kontrolle fehlerfrei arbeitet.


6. Nur Reisekosten des Anwalts in Economy Class erstattungsfähig

Kernaussage
Die Erstattungsfähigkeit notwendiger Reisekosten des Rechtsanwalts (§ 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO) unterliegt dem Grundsatz der Kostengeringhaltung. Bei einem innerdeutschen Kurzstreckenflug sind die Kosten der "Business Class" nicht erstattungsfähig, sondern lediglich die der "Economy Class". Der Rechtsanwalt ist jedoch nicht verpflichtet, einen Billigflug zu nutzen.

Sachverhalt
In einem Kostenfestsetzungsverfahren stritten die Parteien über die Höhe der dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu erstattenden Reisekosten. Der Rechtspfleger brachte statt der beantragten Kosten lediglich ungefähr die Hälfte in Ansatz. Die Differenz resultierte aus der erheblich verminderten Berücksichtigung von Flugreisekosten und dem Ansatz von Bahn- anstatt Mietwagenkosten. Der hiergegen eingelegten Beschwerde wurde nicht abgeholfen; die sofortige Beschwerde vor dem OLG hatte teilweise Erfolg.

Entscheidung
Zu Recht hat der Rechtspfleger bei der Berechnung der notwendigen Reisekosten des Rechtsanwalts den Grundsatz der Kostengeringhaltung zugrunde gelegt. Zar sind bei einem innerdeutschen Kurzstreckenflug lediglich die Kosten der "Economy Class" erstattungsfähig. Allerdings ist der Rechtsanwalt nicht verpflichtet, einen Billigflug zu benutzen, bei dem er nicht umbuchen kann. Ihm sind zumindest die bei der Benutzung der 1. Klasse der Bahn anfallenden Kosten zu erstatten; er ist nicht schlechter zu stellen als die Partei selbst, für die Reisekosten in dieser Höhe zu erstatten sind. Eine Vereinbarung zwischen dem auftraggebenden Mandanten und seinem Rechtsanwalt, dass die Kosten der "Business Class" ersetzt werden, hat keinen Einfluss auf die Erstattungsfähigkeit der Kosten gegenüber dem Prozessgegner.

Fazit
Unter den Oberlandesgerichten ist umstritten, ob die Flugreisekosten eines Prozessbevollmächtigten auch in der "Business Class" vollumfänglich erstattungsfähig sind. Jedenfalls sind dem Rechtsanwalt bei nicht feststehendem Flugpreis in der "Economy Class" fiktiv die bei Benutzung der 1. Klasse der Bahn anfallenden Kosten zuzüglich denen einer erforderlichen Übernachtung zu erstatten.


7. Verkauf einer Internet-Domain keine Sonstigen Einkünfte

Kernproblem
Einnahmen unterliegen nur dann der Einkommensteuer, wenn sie unter eine der 7 Einkunftsarten des Einkommensteuergesetzes fallen. Ist die Zuordnung zweifelhaft, greift die Finanzverwaltung gerne die Auffangvorschrift der "Sonstigen Einkünfte" auf, denn ansonsten wäre die Einnahme dem Zugriff des Fiskus entzogen. Nach dem Gesetzeswortlaut fallen z. B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände hierunter. Die Rechtsprechung subsumiert insbesondere jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, verbunden mit einer Gegenleistung, unter diese Vorschrift. Dagegen können Veräußerungsvorgänge bei Überschreiten der Spekulationsfrist nicht (hilfsweise) in die Sonstigen Einkünfte einbezogen werden. Die Steuerpflicht des Verkaufs einer Internet-Domain wurde jetzt vom Finanzgericht Köln untersucht.

Sachverhalt
Der Kläger hatte im Jahr 1999 bei der DENIC eine Internet-Domain registrieren lassen und diese 2001 für 15.000 DM verkauft. Das Finanzamt sah hierin den Tatbestand der Sonstigen Einkünfte als erfüllt an. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger gegen Zahlung eines Entgelts auf seine Nutzungsmöglichkeit der Domain verzichtet habe. Der Einspruch gegen den entsprechenden Steuerbescheid wurde zurückgewiesen; die Klage dagegen hatte Erfolg.

Entscheidung des FG
Das FG ist in seinem Urteil der Auffassung des Finanzamts nicht gefolgt. Eine sonstige Leistung i. S. der Vorschrift setze voraus, dass der Kläger aus einem eigenen Recht die Domain fortlaufend überlasse. Nach den Vertragsbedingungen der DENIC bedürfe die Übertragung einer Domain jedoch der Kündigung des bisherigen Registrierungsvertrags. Damit habe der Kläger sein Recht an der Domain endgültig verloren. Da der Verkauf auch außerhalb der einjährigen Spekulationsfrist erfolgte und ein Bezug zu den übrigen Einkunftsarten fehlte, unterlag die Einnahme keiner Einkommensteuerpflicht.

Konsequenz
Die Revision zum BFH wurde zugelassen, da der BFH bisher noch nicht entschieden hat, ob der Verkauf einer Domain als sonstige Leistung einkommensteuerbar ist.


8. Unterhaltsaufwendungen für behindertes Kind

Kernproblem
Unterhaltsaufwendungen sind nur dann als außergewöhnliche Belastungen einkommensteuerlich abziehbar, wenn die unterhaltene Person außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Ein volljähriges Kind ist grundsätzlich verpflichtet, vorrangig seinen Vermögensstamm zu verwerten, bevor es seine Eltern auf Unterhalt in Anspruch nimmt. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Vermögensverwertung unzumutbar ist. Im Streitfall ging es um den Abzug von Unterhaltskosten von fast 40.000 EUR für ein seit Geburt schwerbehindertes Kind. Die Aufwendungen waren für die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Hofgemeinschaft mit angeschlossener Behindertenwerkstatt angefallen. Das Kind war nach einer Schenkung Eigentümer eines Mehrfamilienhauses und erzielte hieraus negative Einkünfte. Das beklagte Finanzamt lehnte den Antrag der klagenden Eltern, die Kosten als außergewöhnliche Belastung in vollem Umfang zum Abzug zuzulassen, mit Verweis auf das Vermögen der Tochter ab. Das Finanzgericht folgte der Ansicht des Beklagten.

Bisherige Rechtsprechung
Nach den Grundsätzen der Zivilgerichte dürfen schwerbehinderte volljährige Kinder, die ihren angemessenen Bedarf nicht selbst decken können und bei denen ungewiss ist, ob ihr Unterhaltsbedarf im Alter durch Unterhaltsleistungen der Eltern gedeckt werden kann, maßvoll Vermögen bilden. Nach einer Entscheidung des OLG Karlsruhe braucht eine als Altersvorsorge dienende vermietete Eigentumswohnung nicht vor der Inanspruchnahme elterlichen Unterhalts verwertet zu werden.

Entscheidung des BFH
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und gab den Eltern dem Grunde nach Recht. Da ungewiss sei, ob das Kind stets seinen Unterhaltsbedarf durch Leistungen der Eltern werde decken können, hätte eine Altersvorsorge getroffen werden müssen. Diese sei hier angesichts der Schwere und Dauer der Krankheit noch maßvoll ausgefallen. Es wäre unzumutbar, vom Kind zu verlangen, den Stamm seines Vermögens schon jetzt anzugreifen. Die Eltern können die Unterhaltsaufwendungen deshalb als außergewöhnliche Belastungen bei ihrer Einkommensteuerfestsetzung abziehen.

Konsequenz
Neben dem Abzug der außergewöhnlichen Belastungen (unter Anrechnung der zumutbaren Eigenbelastung) besteht bei den Eltern die Möglichkeit, den Behindertenpauschbetrag des Kindes zusätzlich anzusetzen, soweit dieser übertragen wird. Die beiden Begünstigungen schließen sich nicht aus, da der Pauschbetrag nur Aufwendungen des Kindes abgilt.


9. Übernahme von Kurkosten durch Arbeitgeber ist Arbeitslohn

Kernproblem
Nach der Rechtsprechung des BFH stellen Vorteile, die der Arbeitgeber aus eigenbetrieblichem Interesse gewährt, keinen Arbeitslohn dar, wenn eine Gesamtwürdigung ergibt, dass der mit der Vorteilsgewährung verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. Bei einer gemischt veranlassten Zuwendung kann eine Aufteilung in Arbeitslohn und Zuwendung im betrieblichen Eigeninteresse in Betracht kommen. Ob das auch bei einer Übernahme von Kurkosten der Fall sein kann, hatte der BFH jetzt zu klären.

Sachverhalt
Im Streitfall war ein Fluglotse arbeitsvertraglich verpflichtet, sich auf Verlangen seines Arbeitgebers in regelmäßigen Abständen von längstens 5 Jahren einer Regenerierungskur zu unterziehen. Dabei handelte es sich nicht um ein ausgeklügeltes Steuersparmodell. Vielmehr findet sich eine solche Verpflichtung in den Sonderregelungen für die Angestellten im Flugsicherungsdienst. Im Streitjahr nahm der Lotse an einer solchen 4-wöchigen Kur in einem Hotel in Timmendorfer Strand teil. Zum Kurprogramm gehörten Fitnesstraining und Massagen. Das Finanzamt erfasste die Übernahme der Kurkosten durch den Arbeitgeber als zusätzlichen Arbeitslohn. Das Finanzgericht gab der Klage insoweit statt, als es die Kosten nur zur Hälfte dem Arbeitslohn zurechnete.

Entscheidung des BFH
Die mutige Entscheidung des FG hat der Senat korrigiert. Zwar habe der BFH in Fällen einer durch den Arbeitgeber unentgeltlich oder verbilligt gewährten Reise die Aufteilung für möglich gehalten, wenn die Reise sowohl private als auch betriebliche Elemente beinhalte, bei denen die betriebliche Zielsetzung des Arbeitgebers ganz im Vordergrund stehe. Lasse sich der Charakter einer Sachzuwendung dagegen nur einheitlich beurteilen, sei die Zuwendung im Rahmen einer Gesamtwürdigung einheitlich dem einen oder dem anderen Bereich zuzuordnen. So könne auch die Kur des Fluglotsen wie jede andere Kur nur einheitlich dem privaten Bereich zugeordnet werden. Folglich liege Arbeitslohn vor.

Konsequenz
Nach diesen Grundsätzen ist nach Ansicht des BFH auch bei Prüfung der ab 2009 eingeführten Steuerfreiheit für Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands und der betrieblichen Gesundheitsförderung zu verfahren. Dagegen können vom Arbeitgeber veranlasste unentgeltliche Vorsorgeuntersuchungen seiner leitenden Angestellten ebenso im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse liegen, wie Maßnahmen zur Vermeidung berufsbedingter Krankheiten.


10. Kindergeldanspruch während Ausbildung der Tochter zur Flugbegleiterin

Kernproblem
Für erwachsene Kinder haben die Eltern u. a. dann einen Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird. Aber was ist unter Berufsausbildung zu verstehen? Fallen hierunter auch eine Tätigkeit als Trainee, ein Praktikum oder eine Schulung? Will man z. B. Flugbegleiter/-in werden, geht der praktischen Tätigkeit häufig eine mehrwöchige Schulung voraus. So beantragte eine Mutter Kindergeld für ihre Tochter; diese hatte im Juni 2008 die Schule beendet und sich anschließend erfolgreich um eine im Januar 2009 beginnende, 7-wöchige Schulung als Flugbegleiterin beworben, in der theoretische und praktische Kenntnisse vermittelt wurden. Während der Dauer des Schulungsvertrags erhielt die Tochter kein Entgelt. Im Anschluss daran wurde ein befristeter Arbeitsvertrag mit der Fluggesellschaft geschlossen. Die Familienkasse wollte mangels Ausbildung für den Zeitraum der Schulung und die davorliegende Wartezeit kein Kindergeld zahlen. Die Mutter klagte beim Finanzgericht Köln.

Bisherige Rechtsprechung
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist unter Berufsausbildung die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.

Entscheidung des FG
Eine Berufsausbildung im Sinne der Rechtsprechung ist nach Auffassung des FG Köln auch die mehrwöchige Vorbereitung auf die Tätigkeit als Flugbegleiterin. Der Senat stellte bei seiner Entscheidung insbesondere darauf ab, dass während der Schulungszeit noch kein Arbeitsverhältnis bestand und kein Entgelt bezahlt wurde. Für entscheidungserheblich hielt er außerdem, dass die Tochter die Schulungskosten hätte zurückzahlen müssen, falls sie im Anschluss an die Schulung keinen Arbeitsvertrag mit der Fluggesellschaft abgeschlossen hätte. Gerade in diesen Punkten unterscheide sich der Sachverhalt von einer üblichen Probezeit zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses (wie beim mit Arbeitsvertrag abgeschlossenen "Anlernberuf").

Konsequenz
Die Revision beim BFH wurde zugelassen. Dort ist in einem vergleichbaren Fall die Frage anhängig, ob ein Trainee-Programm nach Beendigung des Hochschulstudiums im Rahmen eines einjährigen Arbeitsvertrags bei einem Verlag noch zur Berufsausbildung zählt.


11. Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte ist verfassungsgemäß

Kernaussage
Die Gebühr für die verbindliche Auskunft ist sowohl der Sache nach als auch der Höhe nach verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Sachverhalt
Durch das Jahressteuergesetz 2007 wurde erstmals die Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte des Finanzamtes eingeführt. Die Gebühr fällt danach an, wenn die beantragte Auskunft erteilt wird, wenn die Erteilung einer verbindlichen Auskunft abgelehnt oder der Antrag zurückgenommen wird. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem Wert, den die Auskunft für den Antragsteller hat. Dieser Gegenstandswert wird ermittelt, indem der Steuerbetrag, der bei Anwendung der Rechtsauffassung des Antragstellers entstehen würde, dem Steuerbetrag gegenübergestellt wird, der entstehen würde, wenn die Finanzbehörde eine abweichende Rechtsauffassung vertritt. Der Kläger wandte sich gegen einen Gebührenbescheid für eine verbindliche Auskunft. Er vertrat die Auffassung, dass der Staat wegen der Komplexität des geltenden Steuerrechts verpflichtet sei, verbindliche Auskünfte gebührenfrei anzubieten. Eine Gebührenpflicht wäre dementsprechend verfassungswidrig.

Entscheidung
Das FG wies die Klage ab. Die Gebührenerhebung ist mit der Verfassung vereinbar. Durch die Bearbeitung des Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft entsteht zusätzlicher Verwaltungsaufwand. Zudem erlangt der Antragsteller den Vorteil der Rechtssicherheit. Dies rechtfertigt die Gebührenpflicht. Gegen die Gebührenhöhe bestehen gleichfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Konsequenz
Der Gegenstandswert beträgt mindestens 5.000 EUR und ist nach oben auf 30 Mio. EUR begrenzt. Entsprechend betragen die Gebühren mindestens 121 EUR und höchstens 91.456 EUR. Ob auch die Höchstgebühr verfassungsgemäß ist, bleibt abzuwarten.


12. Bayern fordert Strafzins für Steuer-Selbstanzeige

Laut Pressemitteilungen soll die bayrische Staatsregierung Ende Juni 2010 in den Bundesrat einen Änderungsvorschlag zu den Rechtsfolgen der Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung einbringen. Eine Selbstanzeige soll weiterhin vor der Strafverfolgung schützen. Bisher müssen die Steuersünder die hinterzogenen Steuern nebst Jahreszinsen von 6 % p. a. zahlen. Gemäß dem Änderungsvorschlag soll ein jährlicher Zuschlag von 3 % auf die hinterzogene Summe hinzukommen. Ziel sei, einen "Missbrauch der Selbstanzeige zu verhindern". Vor dem Hintergrund, dass die Anzahl der Selbstanzeigen von Steuersündern infolge der Debatte um den Ankauf von Steuersünder-Daten bundesweit rasant gestiegen ist, wurde an der strafbefreienden Selbstanzeige stetig Kritik geübt. Insbesondere würde verdeutlicht, dass die Selbstanzeigen nicht aus Reue, sondern aus Angst vor Entdeckung vorgenommen werden. Das sei jedoch nicht Sinn und Zweck des Rechtsinstituts der Selbstanzeige. Bei anderen Straftaten gibt es keine vergleichbare Regelung, so dass krasse "Gerechtigkeitslücken" zu verzeichnen wären. Im Ergebnis würde die Selbstanzeigenregelung sogar die Bereitschaft zur Steuerhinterziehung steigern, so dass bereits über Sinn des Gesetzes dem Grunde nach diskutiert wurde.


13. BFH lehnt Abzug latenter Einkommensteuerlast bei ErbSt ab

Kernfrage/Rechtslage
Im Erbschaftsteuerrecht gilt ein strenges Stichtagsprinzip. Danach ist die Abzugsfähigkeit erst nach dem Todestag entstehender, also zukünftiger, Verbindlichkeiten als Nachlassverbindlichkeiten selbst dann ausgeschlossen, wenn diese mit dem Todesfall im Zusammenhang stehen bzw. wegen des Todesfalls erst entstehen. Hierzu gehören insbesondere die sogenannten latenten Einkommensteuern des Erben, die aufgrund des Erwerbs entstehen. Denn diese Steuern sind beim Tod des Erblassers noch nicht absehbar, sondern hängen vom weiteren Einkommen des Erben und seinen sonstigen für die Besteuerung maßgebenden Merkmalen ab. Der Bundesfinanzhof hatte nunmehr nochmals über die Abzugsfähigkeit solcher latenten Steuern zu befinden.

Entscheidung
Der Kläger erbte festverzinsliche Wertpapiere. Die bis zum Tod des Erblassers angefallenen Zinsen wurden ihm nach dem Tode des Erblassers ausbezahlt und beim Kläger der Einkommensteuer unterworfen. Zusätzlich setzte das Finanzamt bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer neben dem Wert der Wertpapiere auch die Zinsforderung an und ließ die Einkommensteuerschuld des Klägers nicht zum Abzug als Nachlassverbindlichkeit zu. Gegen die doppelte Besteuerung der Zinsen klagte der Kläger mit der Begründung, der doppelte Steuerzugriff führe zu einer verfassungswidrigen Übermaßbesteuerung. Die Klage blieb schließlich vor dem BFH erfolglos. Die Richter waren der Ansicht, zur Abwehr einer etwaigen Übermaßbesteuerung sei der Kläger auf einen Rechtsbehelf gegen den Einkommensteuerbescheid verwiesen, weil sich die tatsächliche Gesamtsteuerbelastung erst mit der späteren Festsetzung der Einkommensteuer offenbare. Daher könne die auf dem geerbten Vermögen lastende latente Einkommensteuer nicht als Nachlassverbindlichkeit bei der Erbschaftsteuer abzugsfähig sein.

Konsequenz
Die ungünstige Entscheidung des Bundesfinanzhofes hat zeitlich nur beschränkte Bedeutung. Bis einschließlich 1998 war die Doppelbelastung durch ein gesetzliche Regelung abgemildert, die dafür sorgte, dass die Erbschaftsteuerlast bei der späteren Einkommensteuerfestsetzung angerechnet wurde. Diese Regelung hat der Gesetzgeber ab dem Jahr 2009 wieder eingeführt.


14. "Googelnde" Arbeitgeber riskieren Schadensersatzforderungen

Einführung
Der Arbeitgeber ist daran interessiert, möglichst viele Informationen über einen Bewerber zu erfahren, auch über persönliche Verhältnisse. Die Grenze stellt hierbei das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers dar. In der Rechtsprechung hat sich eine umfangreiche Kasuistik dazu herausgebildet, welche Fragen bei Einstellungsgesprächen und in Einstellungsfragebögen zulässig sind. So werden Fragen zur Gewerkschafts-, Religions- und Parteizugehörigkeit, zu einer geplanten Heirat und zur Schwangerschaft grundsätzlich als unzulässig beurteilt. Unzulässige Fragen darf der Bewerber ohne rechtliche Konsequenzen wahrheitswidrig beantworten. Darüber hinaus kann sich der Arbeitgeber durch Überschreiten der Grenzen des Fragerechts unter Umständen gegenüber dem Bewerber schadensersatzpflichtig machen. Unklar ist bislang die Frage, inwieweit der Arbeitgeber Informationen verwerten darf, die außerhalb seines "Fragerechts" liegen, die er aber aus öffentlich zugänglichen Unterlagen ohne besondere Anstrengung erlangen kann.

Rechtliche Beurteilung
Nach einer Auffassung in der Literatur habe ein rechtswidrig "gegoogelter" Stellenbewerber auch Rechte, die mitunter einen Schadensersatzanspruch begründen könnten. Danach gelte in einem solchen Fall der im Bundesdatenschutzgesetz normierte "Grundsatz der Direkterhebung". Eine Rechtfertigung des Arbeitgebers für eine Datenerhebung "hinter dem Rücken" des Bewerbers komme nicht in Frage. Auch ein Rückgriff auf das vom Grundgesetz garantierte Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen unterrichten zu dürfen, rechtfertige kein "Googeln" des Bewerbers. Wer sich in ein "Anbahnungsverhältnis" begebe, müsse sich darauf verlassen können, dass diese quasi-vertragliche Beziehung den Rahmen zulässiger Datenerhebung umreiße. Ein Rückgriff auf andere Quellen würde sich vom gemeinsamen Willen des Bewerbers und des potentiellen Arbeitgebers entfernen. Könne ein Bewerber nachweisen, dass der Arbeitgeber ihn gleichwohl "gegoogelt" habe, stelle dies eine vorvertragliche Pflichtverletzung dar mit der Folge, dass dem Bewerber ein Schadensersatzanspruch zustehe.

Konsequenz
Arbeitgeber sollten gerade im Hinblick auf die arbeitsrechtlichen Benachteiligungsverbote durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ihr Bewerberauswahlverfahren überprüfen und eine nachvollziehbare Dokumentation sicherstellen.


15. StraBEG: Sperrwirkung wegen Erscheinens eines Amtsträgers

Kernaussage
Auch eine Prüfung an Amtsstelle kann die Straf- und Bußgeldbefreiung nach § 7 Satz 1 Nr. 1 a) StraBEG ausschließen. Der Amtsträger erscheint beim Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter auch dann, wenn der persönliche Kontakt an Amtsstelle stattfindet und nach außen erkennbar ist, dass mit einer Außenprüfung begonnen wird.

Sachverhalt
Beim Kläger wurde für die Veranlagungszeiträume 1998-2000 eine Außenprüfung angeordnet. Die Prüfung fand in den Räumen des beklagten Finanzamts statt und begann am 4.2.2003. Zu diesem Zwecke wurden zahlreiche Unterlagen eingereicht. Im weiteren Verlauf wurden mehrfach Unterlagen angefordert, auch fanden Gespräche zwischen dem Prüfer und dem Bevollmächtigen des Klägers teilweise auch in dessen Anwesenheit statt. Am 31.3.2004 ging beim Beklagten eine strafbefreiende Erklärung des Klägers ein. Der Beklagte erließ einen Aufhebungsbescheid gemäß § 10 Abs. 3 StraBEG, mit dem er die mit der Abgabe der strafbefreienden Erklärung bewirkte Steuerfestsetzung in Höhe von 25 % der erklärten Einnahmen aufhob. Dagegen richtet sich die Klage.

Entscheidung
Die Klage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg. Die Sperrwirkung des § 7 Satz 1 Nr. 1 a) StraBEG greift auch bei Prüfungen an Amtsstelle ein. Eine Auslegung nach dem Wortlaut widerspricht dem Gesetzeszweck, wonach der Steuerpflichtigen nicht unbegrenzt Zeit haben soll, die sog. "Brücke in die Steuerehrlichkeit" zu beschreiten. Diese Möglichkeit ist nicht mehr gegeben, wenn ein Prüfer sich anlässlich einer Außenprüfung im Einzelnen erkennbar mit den steuerlichen Verhältnisses des Steuerpflichtigen befasst. Unerheblich ist dabei, dass die Prüfung ausnahmsweise an Amtsstelle stattfindet, zumal anderenfalls der Steuerpflichtige die Sperrwirkung des § 7 StraBEG gezielt umgehen könnte, indem eine Prüfung in den eigenen Räumlichkeiten vermieden wird. Der Begriff des "Erscheinens" ist somit nicht lokal sondern personenbezogen zu verstehen.

Konsequenz
In der Zeit vom 1.1.2004 bis zum 31.3.2005 konnte für Taten der Veranlagungszeiträume 1993-2002 zur Erlangung der Straffreiheit wahlweise eine Selbstanzeige nach § 371 AO oder eine strafbefreiende Erklärung nach dem StraBEG abgegeben werden. Aufgrund der Parallelen beider Institute dürfte diese Entscheidung auch im Rahmen der Selbstanzeige zu beachten sein.


16. Revisionsbegründung: Verweis auf and. anhängiges Revisionsverfahren

Kernaussage
Der Antrag auf Ruhen des Verfahrens setzt die Revisionsbegründungsfrist nicht außer Kraft. Ein schlichter Hinweis des Klägers auf ein anderes anhängiges Revisionsverfahren, der zur Begründung des Antrags auf Ruhen des Verfahrens ergangen ist, stellt hinsichtlich der Revisionsbegründung einen Begründungsmangel dar.

Sachverhalt
Der Kläger, ein Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, unterlag in einem finanzgerichtlichen Verfahren, in dem die Festsetzung von Kindergeld streitig war. Die zugelassene Revision wurde fristgerecht eingelegt. Zugleich wies der Kläger auf ein von der angefochtenen Entscheidung abweichendes Urteil hin, welches mit dem zu entscheidenden Fall zu vergleichen sei. Gegen dieses Bezugsurteil wurde bereits die Revision eingelegt. Infolge dessen beantragte der Kläger, das Verfahren bis zur Entscheidung des BFH über das Bezugsverfahren aus Gründen der Prozessökonomie ruhen zu lassen. Der BFH wies sodann darauf hin, dass die Revisionsbegründungsfrist abgelaufen sei. Hierauf entgegnete der Kläger, dass der Bezugsfall zugleich die Revisionsbegründung darstellen solle. Vorsorglich wurde Wiedereinsetzung in der vorigen Stand beantragt.

Entscheidung
Die Bezugnahme auf ein anderes anhängiges Verfahren genügt nicht den zwingenden Voraussetzungen einer Revisionsbegründung nach § 120 Abs. 3 FGO. Ein Revisionskläger muss deutlich machen, aus welchen Umständen sich eine Rechtsverletzung ergibt, welche Norm er für verletzt hält und welche Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art nach seiner Ansicht das angefochtene Urteil als unrichtig erscheinen lassen. Auch ist eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des Urteils erforderlich. Der pauschale Hinweis auf ein beim BFH anhängiges Revisionsverfahren genügt diesen Anforderungen jedenfalls nicht. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde hier nicht gewährt, da der Kläger offensichtlich einem Rechtsirrtum unterlag, für den aufgrund der Fachkunde des Klägers ein Verschulden nicht auszuschließen war.

Konsequenz
Die zwingende Darlegungserfordernisse des § 120 Abs. 3 FGO stellen für eine Vielzahl von Revisionen bereits die höchste Hürde dar. Eine anderweitige Entscheidung des BFH hätte entsprechend verwundert.


17. SolZ auf Abgeltungsteuer und die Frage seiner Verfassungsmäßigkeit

Kernproblem
Das Finanzgericht Niedersachsen sieht die Erhebung des Solidaritätszuschlags zumindest ab dem Jahr 2007 als verfassungswidrig an und hat die Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Als Reaktion der Finanzverwaltung wurden alle Steuerbescheide für Veranlagungszeiträume ab 2005, die nach dem 23.12.2009 ergangen sind, hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen. Ein Einspruch ist in diesen Fällen somit nicht erforderlich.

Stellungnahme des BMF
Vor dem Hintergrund des anhängigen Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht hat sich das BMF mit der Problematik des Solidaritätszuschlags auf die Abgeltungsteuer befasst. Mit der Einführung einer einheitlichen Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 unterliegen Kapitalerträge von Privatpersonen einem einheitlichen Steuersatz von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag. Das BMF stellt klar, dass - sollte das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags bestätigen - auch der einbehaltene Solidaritätszuschlag auf die Abgeltungsteuer auf Antrag des Steuerpflichtigen erstattet wird. Ein Antrag auf Wahlveranlagung, bei dem der Steuerpflichtige unter bestimmten Bedingungen die Berücksichtigung seiner Kapitalerträge im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung beantragen kann, ist nicht erforderlich. Sofern keine Einkommensteuererklärung abgegeben wurde, z. B. weil der Steuerpflichtige ausschließlich Kapitaleinkünfte erzielt, deren Besteuerung bereits durch die einbehaltene Abgeltungsteuer erfolgt ist, soll der Erstattungsantrag nur innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist von 4 Jahren zulässig sein.

Konsequenz
Mit dem Schreiben wird nun auch denjenigen Steuerzahlern Rechtsschutz hinsichtlich des Solidaritätszuschlags gewährt, deren Kapitalerträge abgeltend besteuert werden und bei denen der "Soli" somit automatisch einbehalten wird. Da in diesen Fällen kein Steuerbescheid vorliegt, konnte bislang mittels Vorläufigkeitsvermerks zum Solidaritätszuschlag kein automatischer Rechtsschutz erreicht werden.


18. Nachrangige Zulagenberechtigung bei modernisierten Mietwohngebäude

Kernproblem
Nach dem Investitionszulagengesetz 1999 waren im damaligen Fördergebiet u. a. Investitionen an Gebäuden begünstigt. In den Genuss der Zulage kamen Bauherren, die nachträgliche Herstellungsarbeiten an Gebäuden durchführten. Um die Zulage für andere Investoren schmackhaft zu machen, war auch eine Anschaffung von Gebäuden begünstigt, soweit nachträgliche Herstellungsarbeiten nach dem rechtswirksamen Abschluss des obligatorischen Vertrags (i. d. R. des notariellen Kaufvertrags) durchgeführt wurden. Das Gesetz schloss die Zulage für den Käufer aus, soweit der Bauherr eine solche erhalten hatte. In der Praxis sicherte sich der Käufer daher seinen Anspruch durch eine entsprechende Vereinbarung mit dem Bauherrn. Hält sich der Bauherr jedoch nicht daran, geht der Käufer leer aus.

Sachverhalt
Eine Bauträger-KG, die Eigentümerin eines unter Denkmalschutz stehenden Gebäudeensembles war, teilte das Grundstück in Wohnungseigentum auf. Sie schloss sodann mit 2 Maklerfirmen eine Vertriebsvereinbarung, die vorsah, dass eine etwaige Investitionszulage dem jeweiligen Käufer zustehen sollte. Die KG veräußerte daraufhin 8 Wohnungen an einen Käufer. Die Wohnungen hatte sie vor Eigentumsübergang herzustellen und auszustatten. Der Kaufpreis wurde nach Baufortschritt entrichtet. Das wirtschaftliche Eigentum ging nach Abnahme und vollständiger Kaufpreiszahlung auf den Erwerber über. Zum großen Verdruss des Käufers beantragte die KG jedoch eine Investitionszulage, die auch gewährt wurde. Der kurze Zeit später gestellte Antrag des Käufers wurde dagegen abgelehnt. Rechtsbehelf und Klage blieben erfolglos.

Entscheidung des BFH
Der BFH konnte dem Käufer nicht zu seinem vertraglich ausbedungenen Recht verhelfen, denn er sei kein Bauherr und damit nachrangig begünstigt. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Wohnungen bei Vertragsschluss noch nicht fertig gestellt waren. Denn nach der gesetzlichen Definition im Einkommensteuerrecht, das auch hier gelte, sei derjenige Bauherr, der auf eigene Rechnung und Gefahr ein Gebäude baue oder bauen ließe; er beherrsche das Baugeschehen und trage das Bauherrenrisiko. Diese Merkmale träfen nur auf die Bauträger-KG zu. Der Käufer konnte auf das Baugeschehen dagegen keinen maßgeblichen Einfluss nehmen.

Konsequenz
Somit war der Käufer von der Förderung der Anschaffungskosten ausgeschlossen. Das gilt unabhängig davon, ob die am Wirtschaftsverkehr beteiligten Personen die Preise unter Berücksichtigung eines etwaigen Zulagenanspruchs aushandeln.


19. Arbeitnehmer dürfen mit Kollegen über Gehalt reden

Kernfrage/Rechtslage
Arbeitsverträge sehen regelmäßig Verschwiegenheitspflichten vor, die oftmals auch das Offenlegen des eigenen Gehalts verbieten. Ein Verstoß gegen solche Klauseln stellt eine Pflichtverletzung dar, die grundsätzlich mit Abmahnung geahndet werden kann. Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat nunmehr entschieden, dass Verschwiegenheitsverpflichtungen im Hinblick auf das eigene Gehalt unwirksam sind.

Entscheidung
Der Kläger war seit 2007 bei der Beklagten beschäftigt. Der zugrunde liegende Arbeitsvertrag enthielt folgende Klausel: "Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Höhe der Bezüge vertraulich zu behandeln, im Interesse des Betriebsfriedens auch gegenüber anderen Firmenangehörigen." Weil der Kläger mit einem Kollegen über die Höhe seines Gehaltes gesprochen hatte, erhielt er eine Abmahnung. Mit seiner Klage obsiegte er zuletzt vor dem Landesarbeitsgericht, das aber die Revision zuließ. Das Gericht urteilte, dass eine Pflichtverletzung des Klägers nicht vorgelegen habe. Der Kläger habe zwar ggfls. gegen die Arbeitsvertrags-Klausel verstoßen, diese Klausel stelle aber eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar und sei damit unwirksam. Denn der Arbeitnehmer müsse Gespräche mit Kollegen über das Gehalt führen können, um seinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Rahmen der Lohngestaltung durchsetzen zu können. Außerdem müsse ein Arbeitnehmer seine Lohnhöhe wenigstens auch einer Gewerkschaft mitteilen können, weil ansonsten sinnvolle Arbeitskämpfe nicht möglich seien.

Konsequenz
Auch wenn die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist, gilt einstweilen, dass eine Arbeitsvertrags-Klausel, wonach Arbeitnehmer auch gegenüber Kollegen nicht über die Höhe ihres Gehalts reden dürfen, unwirksam ist. Mit anderen Worten, Regelungen über Verschwiegenheitspflichten im Arbeitsvertrag können nur so weit reichen, wie dies der Schutz des Arbeitgebers rechtfertigt.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen


Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
www.gißewski.de